Frankreich steht vor großen Herausforderungen. Die politische Unsicherheit angesichts des mehrfachen Wechsels des Premierministers und die ausufernde Staatsverschuldung haben die Stimmung im Lande getrübt. Die Ratingagentur S&P hat bereits reagiert und das Länderrating Frankreichs von AA- auf A+ gesenkt (zum Vergleich: Deutschland AAA, Spanien A+, Italien BBB+).
Volkswirte haben ihre Erwartung für die weitere Entwicklung der französischen Wirtschaft nach unten revidiert. Laut der Umfrage von Consensus Economics im Oktober wird für das kommende Jahr 2026 nur noch ein reales BIP-Wachstum von 0,9 % erwartet, nach 1,1 % in der Umfrage vom Januar. Droht damit die nächste Staatsschuldenkrise analog der Griechenlandkrise in 2012 und wie wirkt sich die politische Unsicherheit auf die Attraktivität Frankreichs als Investitionsstandort für Immobilien aus?
Politische Krisen haben kurze Beine
Politische Krisen gab es in den letzten Jahrzehnten in Europa einige. In Erinnerung ist die Staatsschuldenkrise in Griechenland in den Jahren 2010 bis 2015 geblieben. Auch gab es lange Zeit keine Regierungsbildung nach Neuwahlen in den Ländern Belgien (2010/2011 und 2019/2020) und den Niederlanden (2023/2024). Noch nicht allzu lange her ist auch der Bruch der Ampelkoalition in Deutschland, der zwischen November 2024 und der Regierungsbildung der neuen Großen Koalition unter Friedrich Merz im Mai 2025 eine längere Phase der politischen Unsicherheit ausgelöst hatte.
Meist waren die Auswirkungen dieser politischen Krisen auf die wirtschaftliche Aktivität des jeweiligen Landes nur moderat. Hingegen hatten die Finanzmärkte durchaus reagiert. Diese Entwicklung zeigt sich aktuell auch in Frankreich. Die Risikoprämie (Renditeaufschlag) französischer Staatsanleihen versus deutschen Staatsanleihen ist deutlich angestiegen: Für 10-jährige Anleihen lag die Risikoprämie noch zum Jahresbeginn 2024 bei rund 50 Basispunkten, aktuell bei rund 80 Basispunkten. Die damit einhergehende Verschlechterung der Finanzierungskonditionen belastet die Stimmung im Investmentmarkt für französische Gewerbeimmobilien.
Ihr Ansprechpartner
Marco Kramer
Real I.S. AG
Research und Investitionsstrategie
marco.kramer@realisag.de
Frankreichs Immobilienmarkt mit Licht und Schatten
Im Vergleich der größeren Länder im Euroraum Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien zeigen sich deutliche Unterschiede in der Transaktionsaktivität in den jeweiligen Investmentmärkten. Während Frankreich und Deutschland eine tendenziell schwächere Transaktionsaktivität im Gewerbeimmobiliensegment aufweisen, ist in Spanien und Italien eine deutlich stärkere Aktivität zu verzeichnen (siehe Abbildung 1; relative Aktivität). Italien profitiert dabei von tendenziell sinkenden Kapitalmarktzinsen (siehe Abbildung 2) und Spanien von einer deutlichen stärkeren wirtschaftlichen Dynamik.
Trotz allem sind auch Lichtblicke im französischen Markt zu verzeichnen. Der Büromarkt Paris ist der größte und liquideste Investmentmarkt im Euroraum. Angesichts der Preiskorrektur der vergangenen Jahre sind Investoren – auf der Suche nach Opportunitäten – in den letzten Quartalen bereits in den Markt zurückgekehrt. Folglich ist der Büromarkt Paris CBD aktuell der Markt, der am deutlichsten eine Trendwende der Kaufpreise aufzeigt (siehe Abbildung 3).
