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Juli 2024

Handelsimmobilienmarkt: Trendwende sichtbar

1964 – Das erste deutscheShopping-Center wird in Sulzbach bei Frankfurt eröffnet. Seitdem hat sich viel getan. Der Handel bildet das Rückgrat der Stadtentwicklung und prägt das Bild einer jeden Stadt. Doch der Handel und insbesondere Shopping-Center wurden von den Lockdowns während der Pandemie schwer getroffen. Zu Problemen hat der Strukturwandel in der Welt des Einzelhandels allerdings schon Jahre zuvor geführt. Insbesondere der Online-Handel ist zum Konkurrenten des stationären Handels avanciert. Dies wurde bereits in der Research News 14 2021 „Pandemie beschleunigt die Neupositionierungswelle“ beleuchtet. Seitdem wurden Einzelhandelskonzepte und besonders das Segment der Shopping-Center weiter angepasst. Als Ergebnis hieraus zeigt der Handelsimmobilienmarkt wieder erste Lichtblicke.

 

Marktindikatoren deuten auf Erholung hin

Die Abbildungen 1 und 2 zeigen den Gobal Retail Attractiveness Index (GRAI) der GfK. Dieser bildet die Attraktivität der Einzelhandelsmärkte von insgesamt 20 Ländern in Europa, Amerika und Asien/Pazifik ab. Der Durchschnitt liegt bei 100 Indexpunkten. Besonders das Coronajahr 2020 hat zu einem starken Einbruch in allen betrachteten Regionen geführt. Vor allem in Europa hat in den vergangenen Jahren aber eine deutliche Erholung eingesetzt. Neun der insgesamt 15 im Global Retail Attractiveness Index (GRAI) abgebildeten europäischen Einzelhandelsmärkte konnten zu Beginn des Jahres 2024 im Vorjahresvergleich zulegen. Polen, Großbritannien, Dänemark und Schweden verzeichneten eine besonders starke Zunahme.

Flächenreduzierung stützt Vermietungsmarkt für Shopping-Center

Für dieNutzermärkte hat die Covid-19-Pandemie eine starke Zäsur bedeutet, wobei Shopping-Center hiervon besonders betroffen waren. Die Nachfrageschwäche hat dazu geführt, dass der Flächenbestand in deutschen Shopping-Centern von 2020 bis 2023 um 1 % auf 12,65 Mio. m² gesunken ist. Dies entspricht rd. 128.700 m², die dem Markt entzogen wurden. Die Handelsflächen wurden vor allem in Büronutzung, Arztpraxen und Fitnessflächen umgewandelt. Hierdurch konnten in der Regel positive Synergieeffekte für die Handelsmieter erzielt werden.

Die Spitzenmiete fiel 2020 um 13,6 % und erreichte damit ihren Tiefpunkt (siehe Abbildung 3). Ab dem Jahr 2022 ist jedoch erstmals seit 2015 wieder ein Mietpreisanstieg zu beobachten. Und auch für die kommenden Jahre zeigt sich ein positives Bild: Bis 2028 wird vom Immobiliendatenanbieter PMA ein jährliches Mietwachstum von rund 2 % prognostiziert. Der Mietmarkt scheint somit die Talsohle durchschritten zu haben und zeigt sich wieder dynamischer.

Besucherfrequenzen im Fokus

Die Zahlen in Abbildung 3 lassen erste Erholungstendenzen im Vermietungsmarkt für Shopping-Centern erkennen. Dennoch konnte laut einer Studie von ZIA und EY in 86 % aller Center bei den Besucherfrequenzen das Vor-Corona-Niveau noch nicht wieder erreicht werden. Bei 70 % beträgt der Besucherrückgang mehr als 5 % (siehe Abbildung 4).

Anders sieht es bei der Besucherfrequenz in den Haupteinkaufsstraßen aus. In deutschen Innenstädten sind einer Analyse des Dienstleisters Hystreet zufolge wieder mehr Besucher unterwegs. Die Passantenfrequenzen lagen im ersten Halbjahr 2024 bundesweit 2,5 % höher als im Vorjahr.

Die meistbesuchte Einkaufsstraße befindet sich weiterhin in München. Die Kaufinger Straße verzeichnete in den ersten sechs Monaten des Jahres 13,8 Millionen Passanten und damit 7 % mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Georgstraße in Hannover legte um 8 % auf 11,4 Millionen zu, die Königstraße in Stuttgart um 20 % auf 10,1 Millionen.

Einen Sondereffekt stellte jedoch die Fußball-Europameisterschaft dar. Das Turnier hat im Juni vor allem in den Spielorten außerordentlich viel Zulauf bewirkt. Den stärksten Anstieg verzeichneten die Stuttgarter Königstraße (+36,6 %), die Kaufingerstraße in München (+17,2 %), die Bahnhofstraße in Gelsenkirchen (+13,3 %) und der Westenhellweg in Dortmund (+11,7 %).

 

Online-Handel mit nachlassender Dynamik

Ein weiteres positives Signal für den stationären Handel ist die nachlassende Dynamik im Online-Handel. Während die Covid-19-Pandemie noch zu enormen Wachstumsraten im Online-Handel geführt hatte, zeigen aktuelle Zahlen für 2024 vom Statistischen Bundesamt nur noch eine Seitwärtsbewegung: In den ersten vier Monaten lagen die Einzelhandelsumsätze für Internet- und Versandhandel nur um 0,2 % über dem Niveau des Vorjahres. Die gesamten Einzelhandelsumsätze stiegen hingegen um 2,3 %.

 

Transaktionsvolumen im Investmentmarkt zeigt Erholungstendenzen

Auch im Investmentmarkt für Handelsimmobilien ist eine Trendwende erkennbar. Im ersten Halbjahr lag das Investmentvolumen in Deutschland mit 3,6 Mrd. Euro um 92 % über dem Vorjahreszeitraum und nur 6 % unter dem langjährigen Durchschnitt. Im Vergleich der Nutzungsarten liegt Handel mit einem Anteil von 30 % am Investmentvolumen damit vor Logistik (23 %) und Büro (18 %). Interessant ist auch der hohe Anteil ausländischer Käufer im ersten Halbjahr, der von 31,2 % im ersten Halbjahr 2023 auf 44,7 % im ersten Halbjahr 2024 angestiegen ist.

Anzumerken ist dabei aber, dass einige Großtransaktionen das Ergebnis nach oben verzerrt haben. So wurde das KaDeWe an die Central Group verkauft und mehrere Galeria-Objekte von der RFR übernommen. Bei den Geschäftshäusern schlug vor allem der Verkauf der Fünf Höfe in München an zwei deutsche Privatinvestoren zu Buche.

Fazit

Die Lage im Handelsimmobilienmarkt bleibt weiterhin angespannt. Jedoch sind die positive Entwicklung im Einzelhandelsklima, der Flächenrückgang bei Shopping-Centern, die hohen Besucherfrequenzen in den Haupteinkaufsstraßen und die nachlassende Dynamik im Online-Handel klare Lichtblicke. Folglich zeigen sich auch erste Erholungstendenzen bei den Spitzenmieten. Auch im Investmentmarkt ist eine Trendwende erkennbar. Die guten Nachrichten vom Vermietungsmarkt in Kombination mit den hohen Spitzenrenditen von aktuell 5,6 % für Shopping-Center in Deutschland haben Handelsimmobilien zurück auf die Einkaufsliste von Investoren gebracht.

Viele Grüße,
Ihr Real I.S. Research-Team

Ihr Ansprechpartner

Marco Kramer
Real I.S. AG
Research & Investitionsstrategie

marco.kramer@realisag.de