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März 2024

Märkte im Fokus

Zeitfenster für den Büromarkt London öffnet sich in 2024

Der Londoner Büromarkt steht vor großen Herausforderungen und bietet gleichzeitig Chancen. Die schwache Konjunktur, Abwanderungen von Unternehmen im Finanzsektor und der Trend zur Home-Office-Tätigkeit belasten den Markt. Trotzdem entwickelt sich die Flächennachfrage gerade dynamischer als erwartet und die Mieten steigen an. Zudem ergeben sich durch den kräftigen Renditeanstieg aktuell attraktive Opportunitäten im Investmentmarkt. Das Real I.S. Research Team analysiert seit vielen Monaten den Londoner Markt sehr intensiv und hat von der jüngsten Markttour einige interessante Ergebnisse mitgebracht.

 

Vermietungsmärkte zeigen hohen Flächenumsatz

Der Londoner Büromarkt befindet sich im Wandel. Die Gebäude werden den sich verändernden Anforderungen der Mieter in hohem Tempo angepasst. Zudem verlagern Mieter zum Teil ihre Standorte. Insbesondere in den Docklands gibt es einige bemerkenswerte Umzüge. Mieter ziehen aus dem peripheren Standort Docklands in die City zurück. Prominentes Beispiel ist der angekündigte Umzug von HSBC: die Bank will ihr Headquarter nach über 20 Jahren von Canary Wharf in die Londoner City verlagern. Neben der Nähe zu Cafés, Bars und Restaurants ist auch eine optimale ÖPNV-Anbindung ein wichtiges Kriterium für Standortverlagerungen. Zwar gehen die Umzüge aus den Docklands in die City in der Regel mit einer Flächenreduzierung und höheren Mieten einher, die Unternehmen planen aber hiermit strategisch ihre Standortattraktivität für ihre Mitarbeiter zu erhöhen, um die Mitarbeiterpräsenz im Büro zu steigern. Viele Unternehmen in der Londoner City haben ohnehin wieder die 5-Tage-Präsenz-Woche im Büro eingeführt, und Mitarbeiter kommen auch freiwillig wieder überwiegend ins Büro, um im schwierigen Arbeitsmarktumfeld Sichtbarkeit zu zeigen.

Die auf der Markttour besichtigten Bürogebäude in der City und im West End hatten durchweg eine hohe Aufenthaltsqualität zu bieten. Dies beginnt mit weitreichend ausgebauten, sogenannten „End of Trip Facilities“ wie den Fahrradstellplätzen, Spinten, Umkleiden und Duschen im Untergeschoss für Mitarbeiter, die mit dem Fahrrad zur Arbeit anreisen. Und diese Entwicklung gewinnt an Dynamik. Bei Um- und Neubauten von Bürogebäuden genehmigt die Stadtverwaltung i.d.R. keine oder kaum noch Tiefgaragenplätze mehr, um das Verkehrsproblem in der Londoner Innenstadt zu reduzieren. Folglich ist neben dem ÖPNV die Anreise per Fahrrad eine beliebte Alternative zum PKW. Auch im Erdgeschoß der besichtigten Bürogebäude waren zeitgemäße Veränderungen festzustellen. Oftmals befindet sich jetzt neben dem Empfang im „open space“ eine Cafeteria, die am Morgen kurze Wege zum Frühstück ermöglicht und einen ungezwungenen Treffpunkt, auch für Besucher, darstellt. Im Obergeschoss ist eine Dachterrasse für interne und externe Veranstaltungen inzwischen zum „must-have“ für moderne Flächen avanciert. Auch auf den ESG-Standard der Gebäude wird inzwischen sehr geachtet und in der Regel versuchen Mieter Gebäude in den Energieeffizienzklassen A & B anzumieten. Gebäude mit schwächerem Energiestandard können aber zumeist mit vergleichsweise geringen Kosten auf einen höheren Energiestandard ertüchtigt werden.

Die Nachfrage nach höherwertigen Büroflächen, die den oben genannten Standards entsprechen, ist inzwischen sichtbar angestiegen. Der Londoner Büromarkt weist damit, ähnlich wie die Großstädte auf dem europäischen Festland, ein wachsendes „Quality Gap“ zwischen modernen und nicht modernen Flächen auf, dass sich beim Flächenumsatz, beim Leerstand und bei den Mieten manifestiert. Beispielsweise sind die Spitzenmieten für die Londoner City und den Teilmarkt West End / Midtown seit Ende 2019 um 15 % bzw. 24 % angestiegen und damit deutlich dynamischer als die Durchschnittsmieten in den Londoner Zentrumslagen.

 
Investmentmärkte bieten Opportunitäten

Der Investmentmarkt für Büroimmobilien in London zeigt sich weiterhin schwach. Lediglich asiatische Käufer sind in größerem Maße aktiv. Bislang gab es aber auch nur wenige Verkäufer im Markt, die bereit waren zu dem deutlich niedrigeren Preisniveau Bestandsobjekte zu verkaufen.

Es gibt aber einige Gründe, die für eine höhere Marktaktivität im Jahr 2024 sprechen. Für das aktuelle Jahr steht mit 6,3 Mrd. GBP ein rekordhohes Volumen an Anschlussfinanzierungen für Büroimmobiliendarlehen an. Die Kapitalmarktzinsen als Basis für die Berechnung der Darlehenszinsen sind aber in den letzten Jahren enorm angestiegen.

Zudem hat sich der Immobilienwert durch die Preiskorrektur im Markt reduziert. Anders als in Deutschland werden die Immobilien in Großbritannien von den Gutachtern zu Marktpreisen bewertet. Insofern für ein Büroobjekt der gleiche Fremdkapitalbetrag refinanziert wird, entsteht durch den geringeren Objektwert dann ein höherer Loan-to-value (LTV) und damit im aktuellen Marktumfeld auch eine höhere Bankenmarge, die zu den gestiegenen Einstandszinsen hinzukommt. Insgesamt können die Anschlussfinanzierungskosten für ein 5-jähriges Festzinsdarlehen um rund 400 Basispunkte höher liegen als Ende 2019. Objekte, die angesichts der hohen Zinskosten keinen ausreichenden Ertrag mehr liefern, könnten dann als Notverkäufe auf den Markt kommen.

Für eine höhere Marktaktivität sprechen aber auch die attraktiven Objektrenditen. Top-Büroimmobilien werden in der City aktuell mit Anfangsrenditen von 5 bis 6 % angeboten, im Teilmarkt West End / Midtown zwischen 4 und 5 %. Damit liegen die Renditen auf dem höchsten Stand seit 2010 und folglich sehen viele Investoren im Londoner Büromarkt in den kommenden Monaten Einstiegsmöglichkeiten.

 

Fazit

London bietet im Top-Segment vergleichsweise resiliente Vermietungsmärkte für Büroimmobilien und gleichzeitig historisch hohe Anfangsrenditen im Investmentmarkt. Die Weltstadt an der Themse ist damit im Jahr 2024 definitiv wieder auf der Liste der Zielmärkte für Investoren angekommen.

Viele Grüße, Ihr Real I.S. Research-Team

Ihr Ansprechpartner

Marco Kramer
Real I.S. AG
Research & Investitionsstrategie

marco.kramer@realisag.de