Mobile Lebensstile, eine alternde Gesellschaft und mehr internationale Studierende fordern flexible und lebensphasenorientierte Wohnformen. Betreiberkonzepte wie Micro- und Senior-Living erleben einen Aufschwung – eine Chance für Investoren, ihr Portfolio clever zu diversifizieren und attraktive Renditen zu erwirtschaften.
Der Hypo-Immobilienklimaindex bestätigt es: Der Wohnungssektor bleibt die attraktivste Assetklasse für Investoren – stabil und krisensicher. Das anhaltende Bevölkerungswachstum, unterstützt durch Migration, sowie die bestehende Angebotsknappheit haben die Mieten in Europa in den letzten fünf Jahren um rund 3 % pro Jahr steigen lassen. Auch während der Pandemie blieb der Wohnungsmarkt stabil und konnte sogar profitieren. Im Prognosezeitraum setzt sich diese Entwicklung fort, der Einbruch im Wohnungsbau verknappt nach wie vor das Angebot, sodass die Mieten prognosegemäß weiter steigen sollen.
Vor allem der Bedarf an Wohnkonzepten, die sich an den Lebensphasen orientieren, nimmt weiter zu und damit die Nachfrage nach Micro-Living (Studenten- und Mikroapartments, Co-Living, Serviced Apartments) und Senior-Living/Care-Living.
In Kürze: Micro-Living – ein Trend erobert die Wohnungsmärkte
- Micro-Apartments sind zentral gelegen, kompakt und voll ausgestattet. Sie sind deshalb für Studierende, Berufseinsteiger, Pendler, Projektmitarbeiter von Unternehmen und internationale Fachkräfte attraktiv. Diese Zielgruppen schätzen die Flexibilität und den geringen Aufwand für Wohnungssuche und Umzug sowie das Sozialleben, das sich in den Gemeinschaften entwickeln kann.
- Micro-Living profitiert nicht nur vom allgemeinen Mangel an Wohnraum in den Ballungsgebieten, sondern auch von der Zunahme berufsbedingter Flexibilität, dem Zuzug v.a. junger Menschen in Großstädte und dem Trend zur Singularisierung der Haushalte.
- Unbemerkt erfolgreich: Micro-Living Apartmenthäuser in Deutschland erzielen eine durchschnittliche Auslastung von 95 %. Dennoch sind diese modernen, zielgruppenspezifischen Wohnkonzepte bislang in der breiten Öffentlichkeit noch wenig bekannt.
Trends im Wohnsektor verlangen nach passenden Wohnkonzepten
Ein Haupttreiber für Micro-Living sind Studenten-Apartments, die vor allem internationale Studierende ansprechen, da der reguläre Wohnungsmarkt für sie oft schwer zugänglich ist. Mit dem kontinuierlichen Wachstum von ausländischen Studierenden in Europa (+15 % seit 2016) steigt auch die Nachfrage. Deutschland, Frankreich und Spanien sind dabei die Länder mit den meisten internationalen Studenten, die Nachfrage nach Studenten-Apartments ist entsprechend hoch (Abbildung 1). Im Fokus stehen dabei vor allem privatwirtschaftliche Studentenunterkünfte, denn sie bieten meist eine hochwertige und moderne Ausstattung, und punkten mit Wohlfühlcharakter. Diese Entwicklung hat nicht nur die Betreiberlandschaft verändert, sondern auch Investoren angezogen.
Mit dem demografischen Wandel steigt auch der Bedarf nach altersgerechten Wohnkonzepten. Aktuell liegen die Versorgungsquoten für Seniorenwohnen in den meisten europäischen Ländern unter den von der WHO empfohlenen Pflegebettenquoten (Anzahl der verfügbaren Pflegebetten im Verhältnis zur jeweiligen Altersgruppe) von 5 % (65+) bzw. 20 % (80+) (Abbildung 2). Zugleich wird prognostiziert, dass der Anteil der 65+-Jährigen in Europa bis 2040 von 21,5 % auf 27 % und der Anteil der 80+-Jährigen von 5,8 % auf 10 % steigen soll. Eine steigende Nachfrage liegt bei gleichzeitig knappem Angebot in Märkten wie Spanien, Portugal, Frankeich und Deutschland vor. Attraktive Investitions-Standorte ergeben sich dann aus einer Kombination von demografischer Alterung und finanzieller Stärke. In den nordischen und westeuropäischen Ländern sorgen beispielsweise ein hohes durchschnittliches Nettovermögen und verfügbares Einkommen im Ruhestand für eine starke Kaufkraft.
Investmentboom bei Wohnhybriden
Im Vermietungsmarkt gibt es derzeit somit starke Treiber für die Assetklasse. Auf dem Investmentmarkt locken Betreiberimmobilien (Studenten-Apartments und Senior-Living) mit höheren Renditen und der Möglichkeit, das Wohnportfolio gezielt nach Sub-Assetklassen zu diversifizieren. Der Appetit nach Investitionen ist daher deutlich angestiegen, auch wenn der klassische Wohnsektor nach wie vor den größten Anteil am gesamten Transaktionsvolumen ausmacht. Lag der Anteil der alternativen Wohnsektoren zwischen 2008-2012 noch bei rd. 20 %, hat er seitdem auf rd. 50 % zugenommen (Abbildung 3). Co-Living und Einfamilienhäuser sind erstmals im Investmentvolumen abgebildet. Besonders deutlich fiel der Anstieg bei den Betreiberimmobilien Studenten-Apartments und Senior-/Care-Living aus, letztere konnten ihren Anteil in den letzten rund zehn Jahren verdoppeln. Auch Studenten-Apartments haben einen beachtlichen Anstieg gesehen. Der hohe Anteil internationaler Studierender in Deutschland, Frankreich und Spanien sorgt dafür, dass diese Länder den größten Anteil am Investmentvolumen ausmachen.
Das Investmentvolumen der alternativen Wohnsektoren dürfte auch in 2024/2025 weiter deutlich anwachsen, denn der institutionelle europäische Wohnungsmarkt bietet aktuell attraktive Einstiegsmöglichkeiten. Die Renditen erreichten im dritten Quartal 2024 mit durchschnittlich 4,1 % ein 10-Jahreshoch. Wohnhybride boten höhere Renditen: Student-Living lag bei 4,9 %, Care-Living mit 5,4 % an der Spitze. In stärker regulierten Gesundheitsmärkten wie Deutschland fällt der Renditeaufschlag gegenüber klassischen Wohnimmobilien in der Regel höher aus als in weniger regulierten Ländern wie Frankreich. In Spanien hingegen spiegelt ein höherer Renditeaufschlag das gesteigerte Länderrisiko und den jungen Markt für Seniorenwohnungen wider.
Ausblick
Der institutionelle Wohnungsmarkt ist stabil und krisensicher. Trends wie zunehmende Mobilität/ Flexibilität, der demographische Wandel und die Zunahme ausländischer Studenten begünstigen maßgeschneiderte Wohnkonzepte wie Micro-Living und Senior-Living. Damit hat sich die Assetklasse weiter professionalisiert – getreu dem Motto: Wohnen, wie es zu dir passt – Flexibilität ist Trumpf! Der Markt für alternative Wohnformen ist aktuell noch jung und es besteht noch ein erhebliches Wachstumspotenzial. Gleichzeitig bieten sich auf dem Investmentmarkt aktuell attraktive Einstiegsmöglichkeiten, auch weil angesichts des zunehmenden Interesses institutioneller Anleger an Studenten-Apartments und Senior-Living sich die Renditeprämie mit gestiegener Reife des Sektors verringern dürfte.
Viele Grüße,
Ihr Real I.S. Research-Team
Ihre Ansprechpartnerin
Luca Gudewill
Real I.S. AG
Research und Investitionsstrategie
luca.gudewill@realisag.de