Die Fähigkeit, Krisen zu überstehen und sich an neue Marktbedingungen anzupassen, ist in der Immobilienwirtschaft zu einem unverzichtbaren Erfolgsfaktor geworden. Resilienz ist längst kein Schlagwort mehr, sondern ein Grundprinzip, das sowohl Investoren als auch Unternehmen prägt. In Zeiten globaler Unsicherheiten, wirtschaftlicher Turbulenzen und des Klimawandels rückt die Resilienz von Immobilienportfolios zunehmend in den Fokus. Die Aufmerksamkeit für die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen oder Schocks hat noch einmal ganz erheblich seit der Pandemie und dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zugenommen. Stabilität ist nur ein Aspekt von Resilienz. Aber auch Anpassungsfähigkeit ist in einer sich schnell verändernden Zeit notwendig, um Portfolios zukunftsfähig zu gestalten und in Krisenzeiten bestehen zu können.
Das Problem: Bislang gibt es kein einheitliches Verständnis oder Messinstrument für die Resilienz von Immobilienportfolios, an dem sich Marktteilnehmer orientieren können und das eine Vergleichbarkeit von Immobilienprodukten ermöglicht. In den Medien wird der Begriff „Resilienz“ im Zusammenhang mit Immobilieninvestitionen sehr unterschiedlich und in einer großen Bandbreite verwendet. Es gibt bereits einige wissenschaftliche Studien und Analysen, die sich mit Resilienzfaktoren beschäftigen. So betont beispielsweise das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in der Publikation „Die resiliente Stadt – Konzepte, Konflikte, Lösungen“ die Bedeutung resilienter Stadtstrukturen für die Bewältigung von Krisen und die langfristige Sicherung der Lebensqualität.¹ Und auch eine Studie des Urban Land Institute (ULI) und BNP Paribas REIM skizziert Wege zu mehr urbaner Resilienz.²
Diese Untersuchungen sind durchaus wertvoll, sie dienen als Impulsgeber für weitere Diskussionen und geben Ansatzpunkte für mehr Resilienz. Mit Blick auf eine Vereinheitlichung des Resilienzbegriffs und Vergleichbarkeit resilienter Immobilieninvestitionen besteht jedoch noch erhebliches Nachholpotenzial.
Resilienz auf verschiedenen Ebenen
Auch wir stehen vor der Frage, wie wir in einer VUCA-Welt, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit (Ambiguität) geprägt ist, resilient bleiben können. Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung im europäischen Immobilienmarkt haben wir einige Punkte als essenziell herausgearbeitet. Dabei erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern wollen die Diskussion in der Branche anregen und vorantreiben. Insgesamt bedarf die Resilienz von Immobilieninvestments einer ganzheitlichen Betrachtung auf verschiedenen Ebenen – vier wesentliche sind Standort, Objekt, das Portfolio insgesamt und das Asset-Management.
Standort: Der Standort hat einen großen Einfluss auf die Resilienz von Immobilien. So haben sich beispielsweise Büroimmobilien in Top-Lagen europäischer Metropolen trotz der Herausforderungen der zurückliegenden Jahre als widerstandsfähige Assetklasse erwiesen. Sie bieten weiterhin sichere Cashflows durch eine hohe Nachfrage bei begrenztem Angebot und langfristige Wertsteigerungspotenziale. Wichtig ist auch die Berücksichtigung relevanter Standortparameter wie die Nähe zu Gastronomie und eine optimale Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.
Objekt: Immobilien sind umso resilienter, je flexibler sie auf neue Anforderungen reagieren können. Die Anpassungsfähigkeit an veränderte Arbeits- und Wohnbedürfnisse sichert hohe Vermietungsquoten und stabile Cashflows. Neben der hohen Qualität der Immobiliensubstanz und der Auswahl bonitätsstarker Mieter trägt insbesondere die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien zur Werthaltigkeit der Immobilie bei. Denn Investitionen in Core-Immobilien mit hohen ESG-Standards werden von steigenden Nutzer- und regulatorischen Anforderungen profitieren.
Portfolio: Eine breite Diversifikation gilt als wesentlicher Schutz vor Risiken. Geografisch diversifizierte Portfolios mit Fokus auf Länder mit robuster wirtschaftlicher Entwicklung und verschiedene Nutzungsarten mit stabiler Nachfrage sorgen für Stabilität in unterschiedlichen Marktphasen. Langfristige Anlagestrategien bieten zusätzlichen Schutz vor kurzfristigen Marktschwankungen und stärken die Ertragskraft.
Asset-Management: Auch wenn in der Vergangenheit oft der Markt die Weichen gestellt hat, ist ein professionelles Asset-Management heutzutage wichtiger denn je, um die Zukunftsfähigkeit von Immobilieninvestments zu sichern. Maßnahmen wie „Manage-to-Green“ und „Manage-to-Core“ tragen dazu bei, die Immobilien auf den Pariser Klimapfad zu bringen und langfristig wertsteigernd zu gestalten. Die Nähe zu Mietern und ein tiefes Verständnis ihrer Bedürfnisse gewährleisten eine stabile Performance. So ist das aktive Asset-Management entscheidend für stabile Mieteinnahmen – als Ertragskraft und wichtiger Baustein für den Werterhalt der jeweiligen Immobilie und damit des gesamten Portfolios.
Resilienz – ein Leitprinzip auch für die Real I.S.
Unser Verständnis von Resilienz ist mehr als Widerstandsfähigkeit. Für uns gehört die aktive Anpassung an neue Realitäten dazu und auch die Kraft, Chancen zu nutzen – durch ESG-konforme Investments und Nutzungsarten mit sehr guten Vermietungsperspektiven. Unser Fokus liegt weiter auf Büroimmobilien, wir nutzen aber auch gezielt Opportunitäten in anderen Segmenten wie Wohnen und Logistik. Auch Nachhaltigkeit spielt bei uns eine zentrale Rolle: Mehr als 75 Prozent unseres Portfolios erfüllen bereits heute die Anforderungen des Artikels 8 der EU-Offenlegungsverordnung. Mit modernen Technologien verbessern wir die Energieeffizienz unserer Immobilien weiter und reduzieren Emissionen.
Unser Team ist in Schlüsselmärkten wie Deutschland, Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Irland und Australien vor Ort präsent. Fundierte Kenntnisse des lokalen Branchenumfelds und ein breites Netzwerk sichern uns einen direkten Marktzugang und ermöglichen eine schnelle und gezielte Reaktion auf lokale Entwicklungen und Trends. Ein Beispiel, dass wir dadurch sich ergebende Chancen nutzen können, ist unsere Akquisition in Australien: Kürzlich haben wir dort für den Immobilien-Spezialfonds „Real I.S. Australian Institutional Portfolio Fund“ (AIPF) ein weiteres Bürogebäude in Sydney erworben und damit das ausschließlich für deutsche institutionelle Investoren gemanagte Portfolio weiter diversifiziert. Die Büroimmobilie entspricht den Anforderungen der modernen Arbeitswelt. Sie befindet sich in erstklassiger Lage an der Walsh Bay im schnell wachsenden Stadtteil Barangaroo. Die in unmittelbarer Nähe eröffnete neue U-Bahn-Station Barangaroo verbessert die Konnektivität des Stadtteils deutlich und steigert die Attraktivität der von uns erworbenen Büroimmobilie für aktuelle und künftige Mieter noch zusätzlich.
Fazit
Resilienz ist mehr als nur eine Reaktion auf Krisen – sie erfordert Weitsicht und die Bereitschaft zur kontinuierlichen Anpassung. Für Immobilieninvestoren bedeutet das, nicht nur aktuelle Herausforderungen zu bewältigen, sondern langfristige Trends im Blick zu behalten und Ressourcen für das Nutzen von Opportunitäten aufzubauen. Die Resilienz von Portfolios und Objekten lässt sich durch Diversifikation, ESG-konforme Investitionen und aktives Asset-Management stärken. Für die Vergleichbarkeit von Immobilienanlageprodukten wäre allerdings eine Vereinheitlichung der Begrifflichkeit „Resilienz“ von Vorteil und beispielsweise eine Art Resilienz-Indikator wünschenswert.
¹ Presse - Die resiliente Stadt – Konzepte, Konflikte, Lösungen
² Wowi-architektur-ULI-und-BNP-2024_ULIBNPPREIM_Urskussionspapier.pdf