Die Immobilienbranche im Wandel – Chancen nutzen trotz volatiler Marktlage
Die hohe Inflation, steigende Zinsen und erhöhte Finanzierungskosten sowie Kredithürden haben die gesamte Immobilienbranche seit Sommer 2022 in Atem gehalten. Und diese Herausforderungen werden uns auch noch einige Zeit beschäftigen. Viele Marktteilnehmer agieren deshalb weiterhin zurückhaltend und warten ab, wie sich die Zinslandschaft entwickelt. Innerhalb eines Jahres hat die Europäische Zentralbank den Leitzins acht Mal in Folge auf nunmehr 4,0 Prozent angehoben. Mit weitreichenden Auswirkungen: Die Transaktionsaktivitäten im Immobilienmarkt sind in den vergangenen Monaten nahezu zum Erliegen gekommen und es kam zu Korrekturen der Multiplikatoren am Markt. Durch die anhaltende Transaktionsstarre ist die Preisfindung aber noch nicht abgeschlossen und Anleger planen ihren Wiedereinstieg in den Markt mit Bedacht. Aktuell werden Preisrückgänge in ihrer Intensität vom robusten Vermietungsmarkt und von inflationsgetriebenen Mietsteigerungen noch abgefedert, insbesondere bei Gewerbeimmobilien durch die in diesem Segment üblichen Indexmietverträge.
Es wird noch einige Zeit vergehen, bis sich der Markt weitestgehend stabilisiert hat. Angebot und Nachfrage werden sich langsam wieder annähern. Wir gehen aber davon aus, dass es in der zweiten Jahreshälfte 2023 bereits zu einer leichten Zunahme von Immobilientransaktionen kommen dürfte. Sobald es mehr Klarheit über das Zinsniveau gibt – und somit bessere Planbarkeit –, wird sich die Findungsphase für neue Preisniveaus am Markt beschleunigen. Die fundamentale Nachfrage nach Immobilien als Anlageform ist indes weiterhin gegeben und institutionelle Anleger sehen Immobilien nach wie vor als einen wesentlichen Bestandteil ihrer Investmentstrategie. Die Funktion als Inflationsschutz der Immobilie spielt eine große Rolle. Was häufig übersehen wird: Der Realzins von festverzinslichen Wertpapieren oder Geldanlagen nach Abzug der Inflation ist weiter deutlich negativ.
Auch unter den veränderten Marktbedingungen konnten wir Transaktionen erfolgreich abschließen. Ein Beispiel ist der Verkauf des Geoscience-Headquarters in Australien. Mit 363,5 Millionen australischen Dollar war dies die größte Transaktion in der Geschichte Canberras. Über alle Nutzungsklassen hinweg erreichten wir 2022 ein Transaktionsvolumen von rund 1,7 Milliarden Euro und lagen damit auf Vorjahresniveau. Die Immobilienverkäufe im Volumen von rund 1,1 Milliarden Euro hatten wir frühzeitig eingeleitet, um ein attraktives Preisniveau zu nutzen. Ankäufe von rund 600 Millionen Euro konnten wir schon zu weitestgehend angepassten Preisen realisieren.
Weitere Differenzierung der Immobilien und Preise – A-Lagen bleiben gefragt
Steigende Zinsen drücken zweifellos auf die Bewertung und Preise von Immobilien. Allerdings erwarten wir dabei eine stärkere Differenzierung: Moderne und ESG-konforme Gewerbeobjekte in A-Lagen dürften ihr Preisniveau weitgehend halten. Bei Büroimmobilien wird die Preiskorrektur bei den Objekten größer sein, die weiter von Innenstädten entfernt liegen und die veränderten Anforderungen an Ausstattung, Qualität und Energieeffizienz nicht erfüllen können. Denn in diesem Bereich findet eine weitere Ausdifferenzierung statt zwischen Top-Flächen in zentraler Lage und Objekten mit schlechter Qualität sowie Büros abseits des Stadtzentrums. Attraktive Büroflächen in guter Lage sind nach wie vor wichtig, um Fachkräfte zu gewinnen und auch zu binden sowie um eine Atmosphäre zu schaffen, in der Arbeitnehmer kreativ sein können und produktiv im Team arbeiten können. Abgesehen davon helfen hochwertige Büroflächen, die ökologischen Unternehmensziele zu erreichen und den Energieverbrauch zu reduzieren. Im Bereich Wohnen sind die größten Preisabschläge bei älteren Immobilien mit größerem Renovierungsbedarf zu erwarten.
Opportunitäten für Immobilieninvestments vorhanden
Trotz des angespannten Marktumfelds können sich Immobilieninvestments durchaus lohnen. Opportunitäten sehen wir nach wie vor bei Büroimmobilien. Diese sind aber wie beschrieben keine Selbstläufer und es ist wichtig, die veränderten Bedürfnisse der Nutzer mit Fokus auf moderne und nachhaltige Gebäude in etablierter zentraler Lage zu berücksichtigen.
Weitere Investmentchancen sehen wir beispielsweise im Wohnimmobilienmarkt in Irland und im Hotelsegment. In Irland managen wir aktuell ein Volumen von rund 615 Millionen Euro und wollen dort unser Engagement weiter ausbauen. Noch im Jahr 2023 eröffnen wir dort eine Niederlassung und wollen einen Fonds mit Fokus auf irische Wohnimmobilien auflegen. Neben klassischen Wohnimmobilien sind Investitionen in Studenten-, Senioren- und Sozialwohnungen vorgesehen.
Aber auch das Hotelsegment bietet attraktive Investmentmöglichkeiten, nicht nur in Bezug auf touristische Stadthotels, sondern auch in Ferienregionen wie an der Ostseeküste oder in den Bergen. Denn die Menschen verreisen wieder in einem mit Auto beziehungsweise Zug erreichbaren Radius. Nach den Einschränkungen während der Pandemie gibt es einen großen Nachholbedarf und die Urlaubsnachfrage wird weiter anhalten. Diesen positiven Trend untermauern die Übernachtungszahlen deutscher Beherbergungsbetriebe, die im Jahr 2022 mit 450,8 Millionen insgesamt 45,3 Prozent über dem Vorjahresniveau lagen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Auch in den ersten Monaten 2023 zog die Zahl der Gästeübernachtungen im Vergleich zum Vorjahr deutlich an. In diesem Segment planen wir ebenfalls einen neuen Fonds rund um touristische Hotels und sind bereits im Gespräch mit neuen Ketten im Leisure-Segment.
ESG bleibt das große Thema der Immobilienbranche
Für die Zukunftsfähigkeit und Wertstabilität der Immobilien spielen auch immer mehr ESG-Faktoren eine Rolle – nicht nur für Investoren, auch für Nutzer. Darüber hinaus hat die nachhaltige Transformation von Gebäuden eine Schlüsselrolle beim Erreichen der Klimaziele der EU. Schon allein daraus ergibt sich weiterer Handlungsdruck, da noch viel Aufholpotenzial bei der Dekarbonisierung von Immobilien vorhanden ist. Wir haben bereits eine detaillierte Analyse per Energieaudits für fast alle unserer Immobilien erstellt, was die Ableitung konkreter Maßnahmen auf Objektebene ermöglicht. Dazu gehören zum Beispiel die Anwendung einer KI-basierten Anlagesteuerung und einheitliche Green-Lease-Klauseln in allen neuen Mietverträgen. Dafür haben wir eine zentrale Plattform zur Erfassung und Auswertung aller ESG-relevanten Verbrauchsdaten eingeführt. Ein weiterer Schritt für die aktive Dekarbonisierung der Immobilien und zum Erreichen eines klimaneutralen Portfolios bis 2045 ist die Erweiterung der Partnerschaft mit dem GreenTech-Unternehmen Recogizer. Darüber hinaus engagieren wir uns in der Social Impact Initiative des ICG (Institut für Corporate Governance in der Immobilienwirtschaft) zur Definition von Messkriterien der sozialen Komponente, also des „S“ von ESG. Denn darin liegt noch viel Potenzial, da momentan der Fokus noch auf dem „E“ liegt.
Professionelles Assetmanagement besonders in Krisenzeiten wichtig
Nicht zu vernachlässigen: Ein aktives Assetmanagement spielt gerade in Krisenzeiten eine entscheidende Rolle, da es dabei hilft, die Vermietungsquote hochzuhalten und potenzielle Leerstände zu minimieren. Es trägt zur gezielten strategischen Steuerung von Immobilien bei, wodurch mögliche Risiken und Herausforderungen frühzeitig erkannt und bewältigt werden können. Zudem ermöglicht die Expertise im Assetmanagement eine effektive Anleitung und Zusammenarbeit mit den Propertymanagern vor Ort, um die Rentabilität der einzelnen Immobilien zu maximieren. Vieles hängt auch künftig von der Bonität der Mieter und vom optimalen Mietermix ab. So kann ein aktives Assetmanagement maßgeblich zur stabilen Wertentwicklung des gesamten Immobilienportfolios und zur Optimierung der langfristigen Renditen beitragen. Zweifellos werden die Anforderungen an das Assetmanagement weiter steigen. Und auch für die ESG-Konformität im Bestand ist ein professionelles Assetmanagement hilfreich, zum Beispiel beim Vereinbaren von Green Leases, beim Beschaffen und Analysieren von Daten und bei Modernisierungsentscheidungen.
Fazit
Auch herausfordernde Marktphasen wie die, in der wir uns nach wie vor befinden, bergen Chancen für Immobilieninvestoren. Dafür sollte der Markt sorgfältig sondiert werden. Vieles deutet darauf hin, dass dieser nach der Phase der Neubewertung seine Dynamik sukzessive wiedergewinnt, möglicherweise schon im weiteren Jahresverlauf 2023. Wichtig dabei ist, dass man sich für neue Lösungen öffnet, um vorhandene Potenziale rechtzeitig zu erkennen und zu nutzen. Das tun auch wir, um Themenfelder am Markt aktiv mitzugestalten, schnell auf Veränderungen in einem sich wandelnden Umfeld zu reagieren und für unsere Kunden und für unser Unternehmen langfristig in die Zukunft zu denken.