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September 2022

Auf geht’s wieder zur Wiesn!

Volksfest der Superlative: Zahlen, Fakten & Kurioses

Nach zwei Jahren Corona-Pause wird auf der Münchner Theresienwiese in wenigen Tagen wieder das Oktoberfest gefeiert. Mit dem traditionellen Bieranstich gibt der Oberbürgermeister dann um Punkt 12 Uhr mittags am ersten Wiesnsamstag den Startschuss für die 187. Wiesn – dann heißt es endlich wieder „O’zapft is!“

Auf dem größten Volksfest der Welt werden auch in diesem Jahr wieder Millionen von Besuchern erwartet (2019: 6,3 Mio.). Damit lockt die Wiesn nicht nur Touristen aus aller Welt, sondern ist auch ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Stadt. Der Wirtschaftswert des Oktoberfestes 2019 wird vom Münchner Wirtschaftsreferat auf rund 1,5 Mrd. Euro beziffert, wobei knapp die Hälfte der Einnahmen auf die Festzelte, Fahrgeschäfte und Verkaufsstände entfallen. Eine weitere halbe Milliarde Euro geben Wiesn-Touristen für Übernachtungen aus.

Obwohl die Stadt selbst aufgrund der hohen Ausgaben für die Infrastruktur an der Wiesn nur wenig verdient, profitiert der Münchner Arbeitsmarkt von den Beschäftigungseffekten. Denn all das wäre nicht möglich ohne die rund 12.000 Menschen (8.000 Festangestellte und 4.000 Aushilfen) die jährlich auf dem Oktoberfest für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Übrigens, sogar Albert Einstein packte schon einmal auf der Wiesn mit an. Im Jahr 1896 schraubte der spätere Nobelpreisträger im Schottenhamel-Zelt die ersten Glühbirnen rein.

Bierpreis x Inflation = €€€€€

Über die Wiesn gibt es sicherlich eine Menge an Zahlen und Statistiken, die man an dieser Stelle zeigen könnte. Für den g’standenen Wiesngänger zählt am Ende aber nur eins:

Wos kost de Maß?

Angesichts der anhaltend hohen Inflation eine berechtigte Frage. Blickt man zurück ins Jahr 1971, kostete der Liter Bier noch 2,75 Mark (umgerechnet 1,41 Euro) – heute muss man mehr als das Neunfache auf den Tisch legen (siehe Abbildung 1). Seit dem Oktoberfest 2019 ist der Bierpreis von durchschnittlich 11,55 auf 13,37 Euro deutlich gestiegen.

Selbst die Immobilienpreise in der Heimat des Volksfestes können bei dieser Entwicklung nicht mithalten: Die Kaufpreise für Münchner Eigentumswohnungen (ETW) stiegen zwischen der letzten Wiesn 2019 und der diesjährigen durchschnittlich von 7.400 auf 8.400 Euro pro m2 und damit um 13,5 %, der Bierpreis dagegen um 15,8 %. Ein enormer Anstieg unter Berücksichtigung der allgemeinen Inflation (CPI) in Deutschland, die im Mai und August mit 7,9 % den höchsten Stand seit fast 50 Jahren erreichte. Die Inflation macht also auch vor dem Oktoberfest nicht halt, wobei auch Sondereffekte wie die zweistelligen Lohnsteigerungen der Brauerei-Mitarbeiter in die Preiserhöhungen mit einfließen.

Für den geneigten Immobilienverkäufer zeigt sich der Preiszuwachs anhand folgender Umrechnung: Während im Jahr 2019 ein Quadratmeter Wohnfläche in München durchschnittlich 6,4 Hektoliter Wiesn-Bier wert war, bekommt man für den Quadratmeter heute 13 Liter weniger. Nichtsdestotrotz ein guter Grund, um auf dem Oktoberfest mit einer kühlen Maß auf den erfolgreichen Immobiliendeal anzustoßen.

Wo wir gerade beim Geldbeutel sind, günstigster als im Jahr 1992 konnte man die Maß nie trinken: Damals musste ein Durchschnittsverdiener bei einem Netto-Stundenlohn von 21,90 DM nur 23,3 Minuten für sein Wiesnbier arbeiten, das noch 8,50 DM kostete. Beim heutigen Bierpreis hat sich der Arbeitsaufwand mit 40,4 Minuten für eine Maß bei einem Durchschnittslohn von mittlerweile 19,90 Euro fast verdoppelt.

Oktoberfest – ein Fest für die Immobilienwirtschaft

An dem Münchner Massenspektakel verdient auch die Immobilienbranche kräftig. Größter Profiteur sind dabei die Beherbergungsbetriebe: Jährlich verbringen über 1 Mio. Wiesnbesucher durchschnittlich 2 bis 3 Tage in der Landeshauptstadt. Zwar war die Zimmernachfrage potentieller Oktoberfest-Touristen bislang etwas verhalten. Üblicherweise sind kurz vor Wiesn-Start aber sowohl die innerstädtischen Hotels und Pensionen als auch die in den umliegenden Landkreisen gut ausgelastet (siehe Abbildung 2). Trotz etwas geringerer Nachfrage wird das Oktoberfest Hotelbetreibern auch in diesem Jahr wieder viel Geld in die Kassen spülen (2018: 505 Mio. Euro).

Vom Wiesngeschäft profitiert natürlich auch der Münchner Einzelhandel – vor allem vom Image- und Marketingfaktor: Denn egal woher die Besucher kommen, auf der Wiesn sind Dirndl und Lederhosen Pflicht! Auch Souvenirs wie Wiesnkrug, Lebkuchenherz, Filzhüte und ein Bayern-Trikot dürfen nicht fehlen. Alles in allem dürfte das Oktoberfest 2019 dem städtischen Einzelhandel zusätzliche Einnahmen von rund 320 Mio. Euro beschert haben.

Dringend benötigt wird auch die Logistikbranche, die zur Wiesnzeit eine wahre Meisterleistung vollbringt: Rund 500.000 Hendl, 60.000 Schweinshaxn und 130 Ochsen werden jährlich auf dem Oktoberfest verspeist. Hinzu kommen über 7 Mio. Liter Bier – da können in einem vollbesetzten größeren Zelt schonmal 12.000 Liter Bier pro Stunde durch die Zapfhähne fließen. Nur mit einer ausgeklügelten Logistik bringt man alles just-in-time auf den Tisch. Denn auch auf der Wiesn gilt: Zeit ist Geld. Deshalb tragen die Bedienungen im Bierzelt so viele Maßkrüge auf einmal, wie sie können. Der Rekord liegt bei 29 Krügen für umgerechnet 390 Euro bzw. 66,7 kg.

Fazit: Überall Krisen, nur nicht auf der Wiesn

Trotz Corona, Energiekrise und Ukraine-Krieg, das Oktoberfest 2022 wird stattfinden. Nach den pandemiebedingten Umsatzeinbußen der letzten Jahre ist die Wiesn für viele Branchen eine wichtige Einnahmequelle, denn Gastronomie, Hotelbetriebe und Einzelhandel profitieren erheblich vom Image- und Marketingwert des Volksfestes. Wenn die Wiesn am 3. Oktober zu Ende ist, werden wieder mehr als 6 Mio. Besucher über 60.000 Hektoliter Bier getrunken und auch sonst kräftig konsumiert haben. Und der Umsatz für die Münchner Wirtschaft wird sich auf über 1 Mrd. Euro belaufen. Damit bleibt das Oktoberfest ein unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor für Stadt und Region, und nicht zuletzt ein kleiner Lichtblick in unsicheren Zeiten.

Viele Grüße und eine schöne Wiesnzeit! Ihr Real I.S. Research-Team

Ihr Ansprechpartner

Julian Truxa
Real I.S. AG
Research & Investitionsstrategie

julian.truxa@realisag.de