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Dezember 2023

Marktmonitoring: Erste Anzeichen für Trendumkehr in 2024

Immobilienmarkt unter Druck

Der Immobilienmarkt befindet sich weiterhin in schwierigem Fahrwasser. Das Handelsblatt titelte jüngst mit der Schlagzeile vom „Zinsschock“ und viele Marktteilnehmer sprechen angesichts des deutlichen Zinsanstiegs von einem Paradigmenwechsel. Zweifelsohne wird das Jahr 2024 aus Sicht des Immobilieninvestmentmarktes noch schwierig, trotzdem gilt es positive Veränderungen im Markt nicht außer Acht zu lassen. Und hier gab es jüngst einige interessante Entwicklungen.

Trendwende bei Konjunktur und Zinsen?

Eine der wichtigsten Determinanten des Immobilienmarktes ist die Zinsentwicklung. Weiterhin ist die Konjunktur von großer Bedeutung, da diese ein Indikator für die Flächennachfrage im Vermietungsmarkt ist. Genauso sind aber auch die Entwicklung des Flächenangebots und die Stimmung der Marktteilnehmer zu beachten. Die jüngste Datenlage für diese vier ausgewählten Markttreiber stellt sich wie folgt dar (siehe Abbildungen 1/2 und 3/4):

1. Kapitalmarktzinsen scheinen Höhepunkt überschritten zu haben
Die EZB hat infolge fallender Inflationsraten und fallender Inflationserwartungen aktuell keine weiteren Leitzinserhöhungen in Aussicht gestellt. Die Kapitalmarktzinsen (Benchmark-Bundesanleihen mit 10-jähriger Laufzeit) sind vom Hochpunkt bei nahe 3 % Anfang Oktober auf aktuell 2,6 % und damit um rund 40 Basispunkte gefallen.

2. ifo Geschäftsklimaindex zeigt Bodenbildung
Der konjunkturelle Frühindikator „ifo Geschäftsklima“ ist im November den zweiten Monat in Folge angestiegen. Dies könnte ein Vorbote für eine Konjunkturerholung im Jahr 2024 sein.

​​​​​​3. Deutsche Hypo Immobilienklimaindex zeigt Anstieg im November
Die Stimmung im deutschen Immobilienmarkt bleibt zwar vom Niveau her weiterhin eingetrübt, jüngst zeigte sich aber ein Lichtblick. Das Immobilienklima, bestehend aus den Komponenten Investment- und Ertragsklima, stieg von einem Indexstand von 66,4 im Oktober auf 71,2 im November. Insbesondere das Ertragsklima (ein Stimmungsindikator für die zu erwartenden Mietrenditen im Vermietungsmarkt) zeigte in der November-Umfrage mit einem Indexwert von 90,3 – nach 83,6 im Vormonat – eine überraschend positive Entwicklung.

4. Neuflächenangebot schrumpft durch Baustopps und Insolvenzen
Die jüngsten Nachrichten zu laufenden Bauprojekten zeigen die zu erwartende Entwicklung: Angesichts des Zinsanstiegs und des Preisrückgangs geraten Immobilienentwickler zunehmend in Schwierigkeiten und müssen ihre Entwicklungsprojekte stoppen oder teilweise Insolvenz anmelden. Auf der einen Seite ist dies für die jeweiligen Unternehmen und für die Bauwirtschaft schwierig, jedoch kann dies positive Auswirkungen auf den Vermietungsmarkt haben. Beispielsweise kommt eine aktuelle Auswertung des Immobilienresearchdienstleisters PMA für Büroimmobilien in den deutschen Großstädten (A-Städten) auf rund 440 Tsd. m2 Bürofläche die vorerst nicht fertiggestellt werden und damit dem Markt in den kommenden Jahren nicht zur Verfügung stehen. Um diese Zahl in Relation zu setzen: Für das Jahr 2023 werden für die sieben A-Städte Baufertigstellungen von insgesamt 1,9 Mio. m2 erwartet. Insofern sind 440 Tsd. m2 eine erhebliche Angebotsreduzierung. Weitere Baustopps dürften im Jahr 2024 hinzukommen. Das fallende Flächenangebot wird sich mittelfristig positiv auf das zu erwartende Mietwachstum auswirken.

Immobilienpreise fallen vorerst weiter

Trotz der oben dargestellten, positiven Nachrichten werden die Immobilienpreise vorerst weiter fallen. Diese Entwicklung wird sich so lange fortsetzen bis Immobilien wieder eine faire Risikoprämie (= Renditeaufschlag) gegenüber risikolosen Staatsanleihen bieten. Zur Ermittlung dieser fairen Risikoprämie gibt es verschiedene Analyseansätze. Eine Möglichkeit ist sich der fairen Risikoprämie über historische Renditeabstände anzunähern. Nimmt man eine lange Historie (30 Jahre) so haben beispielsweise Büroimmobilien in Deutschland (A-Städte) eine Risikoprämie von durchschnittlich 150 Basispunkten gegenüber Staatsanleihen aufgewiesen. In den vergangenen 10 Jahren lag die Risikoprämie bei rund 300 Basispunkten. Dabei sind die letzten zehn Jahre angesichts der extrem expansiven Geldpolitik der EZB sicherlich als eine außergewöhnliche Situation zu bezeichnen. Aktuell liegt die Anfangsrendite für Büroimmobilien im Durchschnitt der A-Städte bei ca. 4 % und die Rendite 10-jähriger Staatsanleihen bei 2,6 %. Damit liegt die Risikoprämie bei 140 Basispunkten und folglich nahe am unteren Ende der oben dargestellten historischen Spannen. Läge die faire Risikoprämie aus Sicht der Marktteilnehmer bei 150 Basispunkten wäre daher nur noch eine moderate Preiskorrektur vonnöten bis wieder vermehrt Käufer im Investmentmarkt auftreten würden. 

Diese statische Betrachtung kann auch näherungsweise in eine dynamische Betrachtung überführt werden, bei der zu verschiedenen Zinsszenarien die zu erwartende Preisentwicklung abgeleitet werden kann. Abbildung 5 zeigt für verschiedene Zinserwartungen die sich hieraus ergebende zu erwartende Preisänderung für Büroimmobilien in Deutschland. Als Grundlage für diese Analyse wurde angenommen, dass die von Investoren erwartete Risikoprämie bei 200 Basispunkten liegt. Zu einem erwarteten Zinsniveau würden dann die Immobilienpreise so weit fallen (bzw. steigen), bis der Renditeabstand (Risikoprämie) zwischen Immobilienrendite und Staatsanleihenrendite wieder bei 200 Basispunkten liegen würde (unter der Annahme konstanter Mieten). Nimmt man beispielsweise die Zinserwartung der Researchabteilung der BayernLB, die einen Rückgang der Kapitalmarktzinsen auf 2,5 % im Jahresverlauf 2024 prognostiziert, läge das für 2024 noch zu erwartende Preiskorrekturpotential für Büroimmobilien in Deutschland bei 11 %. Würden die Kapitalmarktzinsen auf 2 % zurückgehen, würde die dann noch zu erwartende Preiskorrektur auf null sinken.

Darlehensprolongationen zu höheren Zinsen führen zu mehr Transaktionsaktivität

Bei der Diskussion über die von den Marktteilnehmern erwartete faire Risikoprämie darf ein Aspekt nicht außer Acht gelassen werden. Selbst wenn es zu Anfangsrenditen für Top-Büroimmobilien zwischen 4 und 4,5 % – und damit zu Renditen, die es zuletzt vor 10 Jahren im Markt zu verzeichnen gab – wieder vermehrt Kaufinteressenten im Markt geben wird, muss es auch entsprechende Verkäufer geben. Falls möglich werden Verkäufer aber auf ein besseres Umfeld für Verkäufe warten und entsprechend die Verkaufsbestrebungen zeitlich in die Folgejahre verlegen oder die Objekte weiterhin im Bestand halten. Es gibt aber auch Gründe, die für einen steigenden Verkaufsdruck sprechen. Einer dieser Gründe liegt in der historischen Zinsentwicklung. Die Kapitalmarktzinsen befanden sich bis zum Jahr 2022 in einem Abwärtstrend. Dabei war insbesondere im Zeitraum 2014/2015 ein drastischer Zinsrückgang zu verzeichnen. Die Renditen 10-jähriger Bundesanleihen fielen damals von rund 2 % zum Jahresbeginn 2014 bis auf 0,1 % im April 2015, ein Rückgang um 190 Basispunkte in nur 16 Monaten (siehe Abbildung 6). Angesichts der sehr günstigen Finanzierungsbedingungen kam es zu einem kräftigen Schub beim Transaktionsvolumen im Investmentmarkt. Die Darlehen, die in dieser Marktphase zur Finanzierung der Immobilienkäufe aufgenommen wurden, und die oftmals über eine 10-jährige Laufzeit abgeschlossen wurden, kommen jetzt im Jahr 2024 und im Jahr 2025 in die Prolongationsphase. Dabei werden die Finanzierungskosten beim aktuellen Zinsniveau um durchschnittlich 150 bis 200 Basispunkte höher liegen als vor 10 Jahren. Da sich hierdurch die Performanceerwartungen der Immobilien deutlich ändern werden, könnte es im Ergebnis zu mehr Objektverkäufen kommen. Diese Entwicklung dürfte das Transaktionsvolumen in den kommenden Jahren ankurbeln.

Fazit: Trendumkehrsignale im Auge behalten

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Inzwischen mehren sich aber die Anzeichen, die für eine Trendwende im Investmentmarkt im Jahresverlauf 2024 sprechen. Auch wenn die Transaktionsvolumina auf absehbare Zeit nicht mehr die hohen Niveaus aus den Vorjahren erreichen werden, so wäre dies doch ein positives Signal für die Marktteilnehmer.  

Viele Grüße, Ihr Real I.S. Research-Team

Ihr Ansprechpartner

Marco Kramer
Real I.S. AG
Research & Investitionsstrategie

marco.kramer@realisag.de